Lanzarote: Sphärenklänge im Schatten der Feuerberge

Baden an Sandstränden – Rundfahrt durch bizarre Vulkanlandschaften – Zum Muschelsammeln nach La Graciosa

Lanzarote Fels im Meer

Viktor, der Busfahrer, hat Vivaldi aufgelegt, die „Vier Jahreszeiten“, Alexandra aus Mannheim stellt sich als Reiseleiterin vor. Der Bus  startet an der Playa de los Pocillos zur Inselrundfahrt, etwa sechs Kilometer vom alten Ortskern von Puerto del Carmen entfernt. Lanzarote, die drittgrößte der Kanarischen Inseln, biete neben Sandstränden auch einige Überraschungen. Auf die ersten müssen wir nicht lange warten. In Weiß und Grün erstrahlen die Häuser des Dorfes Yaiza. Die Lanzaroteños haben es zum saubersten und schönsten Ort der Insel gekürt.   

Die Feuerberge hautnah und als Touristenspaß: Wer für zu leicht befunden wird, kriegt einen Sandsack dazu. Sogar die Kamelsitze leuchten grün.

Grün sind auch die Reben, die nahebei im Gebiet La Geria gehegt und gepflegt werden. Der Weinbau hat dort eine lange Tradition, und man setzt noch heute auf die Traube, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts den Ruf des Kanarenweins begründet hatte: die Malvasia. Jeden Rebstock pflanzt der Weinbauer in eine Mulde. Ein sichelförmiger Steinwall schützt die Pflanzen zusätzlich vor den kräftigen Passatwinden. Das New Yorker Museum of Modern Arts verlieh den Bauern für diese kunstvollen Konstruktionen einen Preis für „Architektur ohne Architekten“. Regelmäßig bringen die Winzer neue poröse Lavasplitter auf, die die nächtliche Feuchtigkeit speichern. Als Lohn der Mühen können sie jährlich zwei Millionen Liter Wein keltern, der fast ausschließlich auf Lanzarote getrunken wird.

Lanzarote Vogelpark Pfau

Im Vogelpark

Lanzarote Monika Kaktus

Zur Erinnerung

Ebenso prächtig gedeihen Zwiebeln und Kartoffeln. Während in den Badezimmern der Touristenunterkünfte entsalztes Meerwasser aus der Leitung fließt, erinnern die Einheimischen beim Kartoffelkochen an die Zeit, als die moderne Technik unbekannt war. Sie garen die ungeschälten „papas arrugadas“ in Meerwasser, bis sie runzlig sind, und verzehren sie mit Schale und mit „mojo“, einer roten, scharfen und einer grünen, milden Soße. Das köstliche Gericht wird in fast allen Restaurants serviert.

Lanzarote Jardin de Cactus

Die Windmühle als Krönung des Jardin de Cactus, ein vielgekauftes Postkartenmotiv.

Beim Absammeln der Larven der Cochenilleschildlaus, die, getrocknet und gemahlen, den roten Farbstoff liefert für Lippenstifte und Säfte.

Grün, lindgrün, sind auch die Felder mit den Opuntien, den aus Mexiko stammenden fleischigen Feigenkakteen, auf denen die Cochenilleschildlaus gezüchtet wird. Winzige schwarze Punkte, kaum mit den Augen auszumachen, doch karminrot der Saft ihrer Larven, der herhalten muss für Abermillionen Lippenstifte. Mit Stiefeln,  Handschuhen und einem Spezialmesser bewaffnet, streichen Frauen die Tierchen mühsam von den stacheligen Kakteen herunter.

Lanzarote El Golfo

Der Lagunensee El Golfo leuchtet gar algengrün.

Lindgrün, jadegrün, smaragdgrün – bei jedem Ausflug ins Landesinnere sieht man diese Farbvariationen. Das Palmental von Haria mutet wie eine grüne Oase an, und der Lagunensee El Golfo leuchtet gar algengrün. Doch die Olivine, die hier vom Meer angeschwemmt werden, findet nur, wer Bescheid weiß. Im Innern schwarzer Lava sitzt der Halbedelstein und schimmert kristallin-grün hervor. Mit etwas Ausdauer und Glück entdeckt man ein einmaliges Exemplar, das man schleifen und zu Schmuck verarbeiten lassen kann: eine Symbiose aus Natur und Kunst.

Ein Experiment, mit dem die gewaltige Hitze der Feuerberge verdeutlicht werden soll. Trockenes Gebüsch entzündet sich selbst.

Trotz aller Schwärmerei über soviel Grün: Lanzarote ist vulkanischen Ursprungs. Mehr als 300 Vulkankegel hat man dort gezählt. Die letzten großen Eruptionen erschütterten das Eiland im Jahre 1824. Und doch ist Lanzarote ein gutes Beispiel dafür, dass vulkanisch nicht gleichbedeutend mit Schwarz ist. Knallgrün, wie hingetupft, hebt sich beispielsweise ein einsamer Wuschelbusch von einem roten Ascheberg im Nationalpark Timanfaya ab. 180 verschiedene – vor allem nach einem Regenguss – grüne Flechtenarten finden in den Kratern und Schluchten der Feuerberge Nahrung. Für den Besuch dieser bizarren Landschaft, die je nach Sonnenstand mal in goldgelben, mal in rotvioletten oder ockergrünen Farbtönen leuchtet, empfiehlt sich eine organisierte Busfahrt. Sphärenklänge von der Kassette und Erklärungen im Märchenton regen dabei die Phantasie des Betrachters an. Wie wichtig freilich Unterhaltungsaspekte bei solchen Touren sind, zeigen die Experimente, mit denen die gewaltige Hitze der Feuerberge verdeutlicht werden soll. Wasser, in ein dort versenktes Rohr gegossen, zischt als Geysir zurück, trockene Sträucher entzünden sich selbst.

In diese Naturgewalt wagte ein Mensch einzugreifen und sie für seine kreativen Zwecke zu nutzen: Der Architekt Cesar Manrique

In diese Naturgewalt wagte ein Mensch einzugreifen und sie für seine kreativen Zwecke zu nutzen: Der Architekt Cesar Manrique setzte mit einem aus schwarzem Lavastein gebauten Grill das i-Tüpfelchen – Steaks, auf 400 Grad gegrillt. Aus den Lavahöhlen und Grotten „Jameos del Agua“ und „Cueva de los Verdes“ machte er ein Restaurant mit Nachtclub und Schwimmbad sowie einer Konzerthalle. Verwunschenes Licht und verzaubernde Wasserspiegelungen faszinieren die Besucher. Mit dieser „Symbiose von Natur und Kunst“ erwarb Manrique sich einen legendären Ruf, der seinen Tod überdauert hat.

Die Papagayo-Strände: mühsam zu erreichen, aber nicht überfüllt.

Als ein weiterer Höhepunkt seiner Arbeit gilt der „Mirador del Rio“, jener Aussichtsgarten auf 500 Meter Höhe, der den Blick freigibt auf die kleine Nachbarinsel La Graciosa, „die Anmutige“.

La_Graciosa_Lanzarote

Blick vom Mirador del Rio auf La Graciosa: Wie unberührt liegt sie da, „die Anmutige“.

Lanzarote hat gewiss reichlich Strände für jedermann, am ursprünglichsten die der Playas de Papagayo im Süden, leider auf Schotterpisten etwas mühselig zu erreichen. Doch um auf La Graciosa zu gelangen, braucht man weit mehr Geduld. Vom nördlichsten Punkt Lanzarotes, dem verträumten Fischerdorf Orzola, kämpft sich allmorgendlich die Fähre durch den selbst bei sonnigstem Wetter stürmischen Meeresarm El Rio bis zur einzigen Ansiedlung auf La Graciosa, Caleta del Sebo. Die wenigen Touristen können die Ruhe des 500-Seelen-Dorfes kaum stören. Bald schon löst die Playa de las Conchas die zunächst steinige Küste ab und verführt zum Muschelsammeln. Doch die Zeit rinnt. Die schönen Badestrände warten im Süden, eingesäumt von versteckten Dünen und zerzausten Sträuchern. Hier darf man seine Kleider und den Alltag fallen lassen. Aber nur ja nichts liegen lassen, pünktlich legt die Fähre am späten Nachmittag ab. Insgeheim gesagt: Sollte man doch etwas vergessen haben – und wenn es nur die Zeit ist -, für Unterschlupf, Essen und Trinken, auch für mehrere Tage, ist gesorgt. Die Feuerberge hautnah und als Touristenspaß: Wer für zu leicht befunden wird, kriegt einen Sandsack

Infos:
www.spain.info/de

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