In Main-, Tauber- und Churfranken auf der neuen „Route der Genüsse“

Schilder Wein.Schoener.Land Route der Genuesse 2016-06-16 Foto Elke Backert
Ideen muss heutzutage jeder haben, allen voran die Fremdenverkehrsämter. So hat der Tourismus Wertheim GmbH 65 besuchenswerte Stationen zusammengetrommelt, um die „Route der Genüsse“ mit einem passenden Büchlein dazu – dieses auch in Englisch – ins Leben zu rufen. Sie verläuft im Dreiländereck Bayern, Baden-Württemberg und Hessen. An den jeweiligen Häusern sind oder werden in Kürze entsprechende Schilder angebracht. Durch die Genussroute soll die Region von Aschaffenburg den Main entlang über Wertheim bis nach Würzburg und von Wertheim die Tauber hinauf nach Auernhofen vor den Toren Rothenburgs ob der Tauber zusammenrücken und mit der Thematik in Verbindung gebracht werden. Für die einen ist ein Burger oder eine Currywurst der Genuss schlechthin, für die anderen darf es gern die gehobene Gastronomie sein. Das Booklet weist anspruchsvollen Genießern den Weg.   

Biergarten Kloster Bronnbach 2016-06-16 Foto Elke Backert

Eine lange Tradition hat die Braukunst in Frankens Klöstern, denn „Bier ist flüssig Brot“, weshalb die Frater in der Fastenzeit gern darauf zurückgriffen.

Klosterbrunnen Bronnbach 2016-06-16 Foto Elke Backert

Ein Ruhepol – der Brunnen von Kloster Bronnbach

Kreuzgang Kloster Bronnbach 2016-06-16 Foto Elke Backert

Der Kreuzgang von Kloster Bronnbach

Beginnt man seine Route im „Lieblichen Taubertal“ in der ehemaligen Zisterzienser-Abtei Bronnbach aus dem 12. Jahrhundert, in deren Bursariat, dem ehemaligen Verwaltungsgebäude und heute Gästehaus, man übernachten kann, zwar in mönchsschmalen Betten und ohne TV, aber mit großzügigem Bad, so erlebt man schon den ersten Kulturgenuss. Ausgetretene Treppenstufen, doch auch ein moderner Lift führen in die Zimmer. Nur 30 Mönche in ihren braunen Kutten lebten immer im Kloster mit der 960 Meter langen Klostermauer, aber 120 Konverse, die Laienbrüder, die, weil sie alle Arbeit verrichten mussten, nur einmal an Sonn- und Feiertagen zu beten brauchten. Dazu, so erzählt der Klosterguide, war der Altar der Klosterkirche mit dem 20 Meter hohen Turm und den später hinzugefügten goldenen barocken Altären durch einen hohen gemauerten Lettner abgetrennt, hinter den die Konversen keinen Zutritt hatten. Sie durften auch nie den Kreuzgang betreten. Eine Zweiklassengesellschaft auch in der geistlichen Welt.

Chorgestuehl Kloster Bronnbach 2016-06-16 Foto Elke Backert

Aufwändiges Chorgestühl

Man glaubt es kaum, an die 400 Zisterzienser-Klöster soll es in Deutschland geben, 14 davon aktiv. Auch in Bronnbach leben noch drei Mönche, die die umliegenden Pfarreien betreuen.

Im Kloster-Shop kauft man kleine von Klosterbrüdern hergestellte Raritäten wie „Echten deutschen feincremigen Blütenhonig“, kandierte Veilchen- und Kloster-Rosenblüten und sogar Wein aus der Vinothek. Schon auf der Straße weist ein Schild auf den Biergarten hinter dem Kloster hin. Eine lange Tradition hat die Braukunst in Frankens Klöstern, denn „Bier ist flüssig Brot“, weshalb die Frater in der Fastenzeit gern darauf zurückgriffen. Und – Franken ist nach eigener Werbung „die Heimat des flüssigen Goldes“.

 

Orangerie Kloster Bronnbach Fresco 4 Erdteile 2016-06-16 Foto Elke Backert

Die Orangerie des Klosters ziert ein Fresko, das vier Erdteile beschreibt

Spitzer Turm Wertheim Judenviertel 2016-06-16 Foto Elke Backert

Hinter dem Spitzen Turm von Wertheim schloss sich das Judenviertel an

Buddescheisser Spitzer Turm Wertheim 2016-06-16 Foto Elke Backert

Der sogenannte „Buddescheißer“ im Spitzen Turm von Wertheim

Wertheimer Buddescheisser 2016-06-22 Foto Elke Backert

Trinkbar ist er dennoch…

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Parfuemerie Wertheim 2016-06-16 Foto Elke Backert

Als Souvenir: From Wertheim with love

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Weiter führt die Genussroute im nahen Wertheim am Zusammenfluss von Tauber und Main und an der Romantischen Straße, der Nummer zehn der 100 Touristenstraßen in Deutschland. Wertheim hat 24.000 Einwohner und 500.000 Tagesbesucher im Jahr, 2,3 Millionen Besucher allein im Wertheim Village, einem Luxus-Outlet für die Kaufsüchtigen. 410 Weltmarktführer sind in Wertheim angesiedelt, etwa die bei Chinesen bejubelte Firma Alfi, die Isolierkannen herstellt. Auch Notenständer stammen aus Wertheim, das seinen Reichtum jedoch schon im 16./17. Jahrhundert dem Weinbau verdankt. Schon Goethe bestellte „6 bouteillen Wertheimer Weiß- und Rotwein“, wie ein erhaltener Bestellzettel mit seiner Unterschrift vermerkt. Der Zettel erbrachte heute bei einer Versteigerung 16.000 Euro. Auch Friedrich der Große war „dem Wertheimer“ nicht abgeneigt.

Art of chocolate Pralinen Wertheim 2016-06-16 Foto Elke Backert

Feinste Pralinen mit verrückten Füllungen, das heißt Art of Chocolate

Eine schicke Adresse für das Atelier Schwab – die Fürstliche Kemenate am Burghang in Wertheim

Hoch über der Altstadt thront Burg Wertheim, die Ruine einer Stauferburg aus dem 12. Jahrhundert. Der Blick aus den kleinen Fenstern des Spitzen Turms, 75 Zentimeter außer Lot,  gewährt eine schöne Sicht auf Altstadt, Burg und die Tauber-Mündung in den Main. Der hohe Blechtopf, erfährt man, wird Buddescheißer genannt – irgendwohin musste der Turmwächter sich ja entleeren – und in Anklang daran heißt auch der leckere Pfirsichlikör mit Tresterbrand  so, den Besucher kosten dürfen.
Weiter geht es mit einer Stadtführung auf der Route der Genüsse. Die Parfümerie „Cremetöpfchen“ kreierte zwei Düfte, die gern als Souvenir gekauft werden, vor allem von Englisch sprechenden Gästen: „From Wertheim with Love“.

Im „Kaffeeraum“ kann man Mokka und Espresso aus den Samen der weißen Süßlupinen verkosten, die in Wertheim angebaut, im Spätsommer geerntet, gereinigt und schonend geröstet werden. Die Bohnen sollen eiweißreich sein und reich an ungesättigten Fettsäuren. Ihre Namen Lupino, Lupresso, Lupino Mokka und Lupino arabico.

Skelett im Verlies Spitzer Turm Wertheim 2016-06-16 Foto Elke Backert

Im Verlies des Spitzen Turms von Wertheim blieb noch ein Skelett zurück…

Im „Kaffeeraum“ in Wertheim gibt es Kaffee aus den Samen der weißen Süßlupine

Schokoladenfans müssen bei Art of Chocolate reinschnuppern und die eckigen Traumpralinen mit den ungewöhnlichsten Füllungen wie Mandarine Olivenöl, Apfel Jalapeno, Melone Grappa oder die neue Bierpraline O`Zapft is  probieren. Chocolatier Philip Aczél verkauft seine Schokoladentafeln als „Kleine Desserts“ mit dem Geschmack von Tiramisú, Apfelstrudel, Marille Topfen und hat Erfolg.

 

Dann aber wieder etwas Kulturgenuss. Das Atelier Schwab in der Fürstlichen Kemenate, wunderschön in der Mitte des Burghangs gelegen, zeigt ungewöhnliche und gewöhnungsbedürftige Fotografien und Gemälde – in immer neuen Ausstellungen. Aber auch damit kann man sich auseinandersetzen.

Burkhard Schittny Untitled BRE Series 2009 Lightjet C-print Atelier Schwab 2016-06-16 Foto Elke Backert

Eins der ausgestellten Objekte von Burkhard Schittny im Atelier Schwab

Genusspartner SIGG Warmhaltekannen 2016-06-16 Foto Elke Backert

Einer der Genusspartner mit dem Partnerschild im Fenster

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Am Abend könnte man sich ein Menü mit Kräutern aus dem Churfranken-Kräutergarten im Winzerort Großheubach schmecken lassen, am besten im Gasthaus zur Krone, und zu jedem Gang den passenden Wein.

Aushaengeschild Zur Krone 2016-06-16 Foto Elke Backert

Im Gasthof „Zur Krone“ im Winzerort Großheubach speist man königlich

Kaffelstein Spaetburgunder 20111 Weingut Alte Grafschaft 2016-06-16 Foto Elke Backert

Ein Kaffelstein Spaetburgunder 2011 vom Weingut Alte Grafschaft

Küchenchef Ralf Restel zaubert als Vorspeise Tatar vom Bachsaibling mit Dill auf Kartoffelpuffer, dazu eine Scheurebe von Kremers Winzerhof Großheubach, eine Spargelcremesuppe mit Petersilienschaum, wozu ein Homburger Kallmuth Silvaner vom Weingut Fürst Löwenstein Kleinheubach passt, ein mit Salbei gefülltes Kalbsschnitzel auf Nudeln in Portweinsauce mit 2011er Buntsandstein Spätburgunder des Weinguts der Stadt Klingenberg, und als Dessert Matchamousse auf Erbeer-Mangosalat mit Vanille und Minze, zu dem die 2012er Rieslanerauslese vom Weingut Rudolf Fürst Bürgstadt mundet. Zum Abschluss darf`s ein feines Destillat aus dem Destilleum Michael Mayer aus Großostheim sein, eine feine Adresse.

Martinskapelle Bergstadt ausgemalt 2016-06-16 Foto Elke Backert

Reichhaltig ausgemalt – die Martinskapelle in Bürgstadt

Das Landhaus Adler in Bürgstadt heißt seine Gäste willkommen…

Setzt man am nächsten Morgen mit der Mainfähre vom Stadtteil Mondfeld über nach Stadtprozelten, wechselt man die Bundesländer und tauscht Baden-Württemberg gegen Bayern. Ein schöner Blick auf die Ruine Henneburg, die man auch besichtigen darf. Bei der Weiterfahrt ins Landhotel Adler in Bürgstadt wartet die Martinskapelle, eine der ältesten Gotteshäuser Frankens, vermutlich aus der ersten Hälfte des 10. Jahrhunderts, auf Besichtigung, ein Juwel an Ausschmückung mit Fresken und Malerei. Die Bilder stellen die Erschaffung der Welt dar mit Sintflut, Arche Noah, aber auch den Lauf des Kirchenjahres mit den Kreuzweg-Stationen und teils frechen Sprüchen unter den Bildern, etwa “Judaß Der ungetreue Hundt küßt fälschlich den hern an seinem Mundt“.

 

 

Hausgebeizte Lachsforelle aus dem Spessart an Dill-Senf-Sauce Martinskapelle Bergstadt ausgemalt 2016-06-16 Foto Elke Backert

Diese hausgebeizte Lachsforelle aus dem Spessart an Dill-Senf-Sauce wird im Landhaus Adler in Bürgstadt serviert

Fruehburgunder 2013 Centgrafenberg Buergstadt 2016-06-16 Foto Elke Backert

Lecker – der Frühburgunder 2013 Centgrafenberg Bürgstadt

Nach soviel Kultur tut ein Slow-Food-Menü im „Adler“ gut, kleine Köstlichkeiten aus Churfranken. Hausgebeizte Lachsforelle aus dem Spessart mit Dill-Senf-Sauce, Rote Bete-Carpaccio mit Mousse von der Räucher-Forelle und Meerrettich, Salat von buntem Spargel, gegrillte Gemüse mit einheimischem Ziegenkäse, Rindfleischsalat mit Kürbiskernen und Roten Zwiebeln, frische Erdbeeren mit Weißherbst-Weinschaum und hausgemachtem Erdbeer-Vanille-Halbgefrorenem. Die abrundenden Weine aus den Bürgstadter Lagen Centgrafenberg und Hundsrück rühren aus dem Weingut Burkhard Hench.

Perfekt gestärkt, sollte man die churfränkische Landkreis-Metropole Miltenberg, die „Perle am Main“, aufsuchen (siehe dazu meinen Bericht „Die Perle am Main“). Pittoreske Motive ohn` Unterlass, ob`s das „Schnatterloch“ ist, eins der meist fotografierten Urlaubsmotive in Deutschland, oder das älteste Gasthaus Deutschlands, das Gasthaus „Zum Riesen“. Schönstes Fachwerk in der gesamten Stadt. Und in der ganzen Gegend Madonnen, mal mit, mal ohne Kind an fast jeder Hausfassade, weshalb die Region auch Madonnenländle genannt wird.

Madonna Miltenberg 2016-06-16 Foto Elke Backert

Allüberall Madonnen im „Madonnenländle“

Madonna mit Krone und Kind 2016-06-16 Foto Elke Backert

Madonna mit Krone und Kind

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Blick von Brauhaus Faust auf Main + Miltenberg 2016-06-16 Foto Elke Backert

Ein Blick vom Brauhaus Faust auf Miltenberg und den Main

Weinlage Satzenberg Konrad Schloer und Alte Grafschaft 2016-06-16 Foto Elke Backert

Die Weinlage „Reicholzheimer First“, die Konrad Schlör bewirtschaftet

In Miltenberg ist es fast schon ein Muss, die älteste Brauerei aus dem Jahre 1631 zu besichtigen, das Brauhaus Faust, inklusive Eiskeller und Schatzkapelle und – wohl am wichtigsten – Verkostung von Bier-Raritäten wie dem Auswandererbier und der 14-prozentigen auf Rotweinhefe und wie Rotwein schmeckenden Brauereireserve.

 

 

Ein Rundflug vom Flugplatz Mainbullau über die Genussregion könnte den Abschluss der Reise bilden.
Halten wir es mit Goethe: „Kein Genuß ist vorübergehend, denn der Eindruck, den er zurückläßt, ist bleibend.“

Info: www.route-der-genuesse.de

Fotos Elke Backert

Churfranken aus der Vogelperspektive 2016-06-16 Foto Elke Backert

Dieser Beitrag wurde unter Essen & Trinken, Kunst, News, Reisen, Reportagen, Weine abgelegt und mit , , , , , , , verschlagwortet. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.