Ein Brauch, der durch den Magen geht: Törggelen in Südtirol

Wenn die Herbstsonne Südtirol in leuchtende Farben taucht und die Trauben zu Wein gepresst sind, dann lebt der Südtiroler alte Brauch des Törggelens wieder auf. Dann wandern die Freunde des Weins auf Bacchus`Spuren und füllen die „Buschenschanken“.

Supergemütlich ist das: Mit Feriengästen und Einheimischen beisammen sitzen, plauschen, lachen, flirten – und das alles bei jungem Wein und leckeren Südtiroler Spezialitäten.

In geselliger Runde dem neuen Wein zusprechen bei Speck, Brot, Käse und Kastanien

Sobald der „Nuie“, der frisch vergorene neue Wein, im Fass ist, offenbart die Bergregion im Norden Italiens ihre schönste Seite. Dann treffen sich Gäste und Einheimische in urigen alten Kellereien, in Weinlauben, auf der Gasthaus-Terrasse oder direkt beim Weinbauern, der Tische und Bänke vor die Tür stellt und seine Wohnstube zum „Buschenschank“ umfunktioniert. Heimische Musikanten wie die „Überetscher Lausgitschn“ sorgen für Stimmungsmusik, und der Weinbauer greift selbst zur „Quetsche“, zum Akkordeon. Das macht gute Laune, die Gäste schunkeln, singen mit und tanzen. Was ganz bequem ist:
Man spricht Deutsch!   Auf den Tischen häuft sich Verführerisch-Deftiges. Diät ade, jetzt schlägt man zu bei (Schinken)Speck und Schüttelbrot, bei Kaminwurzen (geräucherte Hartwurst), Reh- und Hirschschinken mit eingelegten Waldpilzen, bei Käse und Krapfen. Den Abschluss der Marende, der Vesper, machen „gebratene Keschtn“, das sind geröstete Esskastanien, besser bekannt als „heiße Marroni“.

Suedtirol Kaltern Rebhang
Die Weingärten reichen oft bis an die Unterkünfte heran.

Mit Torkeln hat Törggelen nichts zu tun, das Wort stammt vom lateinischen torculum, Traubenpresse, Kelter, ab. Der Brauch rührt aus der Zeit, als sich die Gastwirte nicht Wein anbauender Regionen auf Wanderschaft begaben, um die edlen Tropfen für ihre Schankstuben vor Ort zu verkosten. 25 verschiedene Reben hat Südtirol im Anbau und natürlich im Fass und in der Flasche, den Bauernwein Marke Eigenbau nicht mitgerechnet. Die bekanntesten sind Vernatsch, Weißburgunder, Sauvignon, Chardonnay, Lagrein, Gewürztraminer.

Kalterer See
Kalterer See

Ganz mediterran muten Wohn- und Gasthäuser im typischen „Überetscher Stil“ an mit Doppelbogenfenstern, Erkern, Torbögen, Steintreppen und Loggias.
Der Marktplatz von Kaltern

Wandern steht auch heute hoch im Kurs. Eine Super-Tour beschilderte das Eisacktal: den „Keschtnweg“. Ein einziges Band von Kastanienhainen erstreckt sich von Neustift bei Brixen über Natz-Schabs, Feldthurns, Klausen, Villanders bis nach Barbian und Lajen und dem Ritten bis nach Bozen zum Schloss Runkelstein. Dort feiert man von Ende September bis Mitte November, zuerst „Keschtnigl“, die Eisacktaler Kastanienwochen. Überall warten Höfe, oft aus dem 15. bis 17. Jahrhundert, auf Einkehr. Und immer hat man die herrliche Bergwelt im Blick, erheben sich Burgen und Schlösser, verstecken sich romantische Kirchlein mit herrlich bunten Fresken.
4 Ü im Apartment ohne Verpflegung gibt es ab 123 Euro, im ***Hotel mit HP ab 199 Euro.
Info: Tourismusverband Eisacktal, I-39042 Brixen BZ, Tel. +39/0472/802 232, info@eisacktal.com,
www.eisacktal.com

Ritten 1Der Ritten lockt mit viel Sonne, den zackigen bis zu 30 Meter hohen Erdpyramiden,
der einmaligen Kulisse von Schlern und Seiser Alm und gemütlichen Wanderwegen.

Im Meraner Land haben sich die Orte Tisens („Grissianerhof“), Völlan („Völlaner Badl“) und Prissian dem Törggelen mit Kastaniengerichten wie Kastanienravioli und Kastaniensuppe verschrieben. Naturns lädt Gäste mit der Naturnser Tourist-Card zur kostenlosen Teilnahme an Törggele-Wanderungen. Auch die Dörfer Völs am Schlern und Kastelbell-Tschars im Vinschgau führen Gäste zu originellen Törggelehöfen. In Eppan an der Weinstraße sollte man im „Paulser Dorfkeller“ vorbeischauen!

Suedtirol Bergwelt - Arbeitskopie 2Bei Wanderungen in Südtirol hat man immer eine herrliche Bergwelt im Blick.

Schenna, oberhalb der Kurstadt Meran, zählt ebenfalls zu den Top-Feriendestinationen Südtirols. Die Gemeinde mit ihren sechs Ortsteilen erstreckt sich von 400 bis 2781 Meter Höhe. Man lernt den „Weinlehrpfad“ kennen, macht eine „Apfel-Wanderung“ und eine „Törggele-Wanderung“ mit Einkehr im Buschenschank.
Zwischen Klostergärten, Waalwegen, Kastanienhainen, Weinbergen, Almen und Berglandschaften lernt man Südtirols Natur- und Kulturreichtum kennen. Als Mitglied der Vitalpina-Hotels stellen das Hotel Schwarzschmied in Lana und St. Pankraz im gleichnamigen Ort im Ultental bei Meran drei geführte Touren pro Woche auf die Beine.
Bis in den Dezember hält sich der alte Brauch des Törggelen. Weshalb es so beliebt ist, sagt ein Wandspruch im „Torgglkeller“ in Kaltern am Kalterer See, von wo der gleichnamige Wein stammt: „Kalterer weiß macht diBildstocke Liebe heiß.“
Aha, hat man doch geahnt, was das Wichtigste im Leben ist: Wein, Weib und Gesang!

 

Infos:
www.roterhahn.it
www.meranerland.com
www.suedtirols-sueden.info
www.schenna.com
Zum Törggele-Start erscheint jedes Jahr der Buschenschankführer „Bäuerlicher Feinschmecker“ vom Südtiroler Bauernbund. Die kostenlose Broschüre mit Einkehrtipps nach einer Wanderung ist abzurufen unter www.suedtirol.info/toerggelen

Fotos:
Elke Backert

Dieser Beitrag wurde unter News, Reportagen veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.